Gundolf Pfotenhauer, aufgewachsen in Ankum bei Osnabrück, gelernter Schriftsetzer, Grafikdesigner, Fotograf und kreative rechte Hand von Francis Ford Coppola. Die Karriere des 65-Jährigen ist verblüffend. Was ist das für ein Mensch, der es von der deutschen Provinz in die Glamourwelt von Kalifornien geschafft hat?
Gehen wir kurz in der Zeit zurück. Mit Anfang 20 hatte sich Gundolf Pfotenhauer in seiner Heimatstadt als Grafiker und später in Bersenbrück als Fotograf selbstständig gemacht. Wie er mit einer Kamera umzugehen hatte, brachte er sich weitgehend selbst bei: „Eigentlich bin ich ein totaler Autodidakt“, meint er. Auf seinem weiteren beruflichen Weg arbeitete er mit einer Werbeagentur in Fürstenau zusammen, aber dazu später mehr.
Ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte
Der große Karrieresprung kam im Jahr 2000. Gundolf Pfotenhauer war ein Jahr zuvor aus privaten Gründen in die USA übergesiedelt. Was den Fotografen aus Osnabrück und den Hollywood-Regisseur zusammenführte, war allerdings nicht eine Benefiz-Veranstaltung mit Hollywood-Größen oder ein Gala-Abend mit Stars und Sternchen – es war eine klassische Stellenanzeige.
Für die Vermarktung seines Weinguts in Kalifornien suchte Francis Ford Coppola Anfang des Jahrtausends einen Grafiker. Denn der 82-Jährige ist nicht nur einer der besten Regisseure, sondern auch einer der besten Winzer der Vereinigten Staaten. „Ich hatte meine Bewerbung schon ganz und gar vergessen, als Coppola mir nach drei Monaten zurückschrieb, dass er mein Portfolio ganz toll finde und gerne mit mir telefonieren wolle.“ Nun wird man nicht jeden Tag von einem berühmten Regisseur und Oscar-Preisträger angeschrieben. Gundolf Pfotenhauer jedoch blieb eher entspannt. „Ich wusste gar nicht, was Coppola so genau macht.“ Aber es war ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte.
Herausfordernd, aber ein „Traumjob“
An die erste Begegnung erinnert sich Pfotenhauer so: „Er kam mit seinen Shorts, seinen Sandalen und seinem Hawaiihemd an, die Tragetaschen voll mit seinen Produkten. Es hatte alles eine totale Normalität. Wir waren uns gleich sympathisch. Und nach zehn Minuten war das Eis gebrochen.“
So kam es, dass Gundolf Pfotenhauer 2001 seine Karriere als Art Director beim Unternehmer Coppola begann. „Er wollte, dass ich für ihn ein Inhouse Art Department aufbaue, eine eigene Werbeagentur für sein Unternehmen.“ Die Firma Francis Ford Coppola Presents produziert und vermarktet nämlich nicht nur sehr hochwertige bis mittelpreisige Weine (zum Beispiel „Director’s Cut“), sondern auch verschiedene andere Produkte: zwei Resorts in Belize, Restaurants in Palo Alto und San Francisco, ein Literaturmagazin sowie Pasta und Pastasoßen. Außerdem hatte Gundolf Pfotenhauer die Aufgabe, mit der Familie Coppola an deren privaten Projekten mitzuarbeiten.
„Die Zusammenarbeit mit Coppola war sehr herausfordernd. Er ist ein Mensch, der immer neue Ideen hat, viel experimentiert und einem auch mal Sonntagnacht mailed, weil er wieder einen neuen Einfall hat. Es war aber auch eine tolle Herausforderung als Kreativer, Lösungen zu finden, auch wenn es manchmal sehr lange dauerte. Es war ein Traumjob.“
„Gundolf, wir vermissen Dich!“
Bis 2008 arbeitete Gundolf Pfotenhauer als Art Director für Francis Ford Coppola – sieht man einmal von dem einjährigen Intermezzo bei dem Konsumgüter-Riesen Procter & Gamble ab. „Das starre Marketing dort war nichts für mich.“ Also verließ er den Konzern. Einen Tag später, beim Unternehmen Coppola wusste man nichts von seiner Kündigung, kam rein zufällig eine E-Mail vom CEO: „Gundolf, wir vermissen Dich!“
Zurück im Coppola-Unternehmen konnte Gundolf Pfotenhauer wie gewohnt ein großes Maß an kreativer Freiheit genießen. „Ich habe eine eigenwillige Art, bin experimentierfreudig und versuche, Dinge anders zu machen.“ Wie bei einem Ping-Pong-Spiel wechselten die Ideen zwischen den beiden Kreativen so lange hin und her, bis Coppola endlich zufrieden war. Etwas mehr Überzeugungsarbeit musste Art Director Pfotenhauer aufwenden, um das Management von einem neuartigen Produkt zu überzeugen: Prosecco in Dosen. Der italienische Schaumwein mit dem Namen „Sofia“ war ein Hochzeitsgeschenk des berühmten Vaters für seine ebenso berühmte Tochter Sofia Coppola. Aber ein Wein in Dosen? Vom Pfotenhauer-Entwurf waren jedoch sowohl Vater als auch Tochter begeistert, und der Marketing-Coup wurde ein Riesenerfolg.
Trotz der Arbeit Tür an Tür mit dem Regie-Titan Coppola: „Ich bin derselbe geblieben. Das war eine andere Welt, die keinen großen Einfluss auf mich gehabt hat“, so Pfotenhauer. 2008 verließ er das Unternehmen Coppola und machte sich selbstständig. „Ich wollte einfach raus und etwas anderes machen.“ Seit 2019 lebt er in Deutschland und Italien, zusammen mit seiner Frau Rossella, die Francis Coppolas exklusives Boutique-Hotel „Palazzo Margherita“ in Süditalien leitet. Bleibt die Frage: Was trieb ihn zurück nach Osnabrück?
Wie der Zufall so spielt
Da kommt die Werbeagentur aus Fürstenau vom Textanfang ins Spiel. Dort traf er nämlich auf Kay P. Stolp, der Mitte der 1980er Jahre dort als Berater tätig war. „Wir haben uns gut verstanden und gut zusammengearbeitet“, meint Gundolf Pfotenhauer. „Uns verbindet, dass wir beide großen Wert auf eine gute Vorbereitung legen.“ Nachdem der Fotograf in die USA gegangen war, verloren sich beide aus den Augen. Doch der Zufall führte sie auf ungewöhnliche Weise wieder zusammen.
„Ich hatte mich zu einer geschäftlichen Besprechung mit einem Kunden in einem Restaurant in Osnabrück getroffen. Dort fiel mir ein Mann auf, von dem ich dachte: ,Das könnte Gundolf sein‘“, erzählt Kay P. Stolp. Durch eine kurze Nachricht auf LinkedIn stand schnell fest: Der Mann im Restaurant war tatsächlich der langjährige Freund und Geschäftspartner. Und da stolp+friends ein Fotoshooting für die Weihnachtszeitung 2021 und den Relaunch der Website plante, war klar: Gundolf macht’s.
Seriös, schräg, mit Nikolausmützen
Zwei Tage lang wurde das Team professionell abgelichtet. Individuell am jeweiligen Arbeitsplatz, mal seriös als Team, mal etwas schräger und – es war ja Weihnachtszeit – auch mit Nikolausmützen um den glitzernden „Keinachtsbaum“ herum. Damit beim Team nichts glänzte, dafür sorgte Visagistin und Kosmetikerin Ayse Keskin. Es herrschte nahezu eine Atmosphäre wie bei einem Filmdreh – ein Hauch von Hollywood eben. Zum Schluss gab’s ein großes Lob vom Maestro: „Ihr wart toll!“ Dieses Lob gibt das Team ausgesprochen gerne zurück!
Die beiden inzwischen leicht ergrauten Herren Pfotenhauer und Stolp hatten sich nach so langer Zeit außerdem viel zu erzählen. „Das, was Kay heute macht, sein Engagement für die Wohnungswirtschaft, passt viel besser zu ihm als seine Tätigkeit früher in der Werbung“, meint sein damaliger Weggefährte. Den Kontakt zueinander wollen sie künftig halten. So hat der Zufall, der so oft im Leben von Gundolf Pfotenhauer eine Rolle gespielt hat, auch in diesem Fall wieder zu etwas Gutem geführt.
Gundolf Pfotenhauer:
„Man sollte ruhig mal etwas wagen.“
Bereits mit etwa sieben Jahren erhielt Gundolf Pfotenhauer seine erste Kamera. Der Autodidakt, der seiner Zeit immer etwas voraus war, liebt es, zu experimentieren, mit gewohnten Sicht- und Denkweisen zu brechen und die Dinge anders als üblich zu anzugehen. Hier seine Meinung zu folgenden Stichpunkten:
Inspiration
„Necessity is the mother of invention.“ Wenn man keine Lösung hat, aber eine braucht, dann findet man eine. Man muss es nur zulassen. Ich lasse mich von überall her inspirieren. Wenn ich zum Beispiel für eine Weinmarke eine Idee suchte, habe ich nicht nur in der Kategorie „Wein“ gesucht, sondern auch in produktfremden Kategorien.
Arbeitsweise
Ich beobachte. Wenn man zu viele Anweisungen gibt, zwingt man jemanden zu etwas, was er gar nicht ist. Das wirkt schnell unnatürlich.
Fotografieren I
Wenn man selbst fotografiert wird, sollte man keine Angst vor der Kamera haben, sondern sich natürlich verhalten. Was man vermeiden sollte: Krampf.
Fotografieren II
Man sollte auf sein eigenes Gefühl hören und die Dinge sehen, wie man sie fühlt. Ruhig mal etwas riskieren, etwas wagen und keine Angst haben vor Kritik oder Urteilen.
Instagram
Instagram hat einen großen Einfluss darauf, wie die Menschen fotografieren. Dabei vergessen sie ihr eigenes Gefühl, ihren eigenen Stil, wie sie Dinge sehen.
Lieblingsmotiv
Ich kann nicht sagen, dass es Menschen sind. Im Moment liebe ich es, Landschaften zu fotografieren. Das hat sich in Italien so entwickelt.
Zukunft
Was ich schön finde ist, durch die Landschaft zu fahren und zu fotografieren. Das ist ein Genuss, den ich mir früher nicht so gegönnt habe. Und vielleicht mache ich irgendwann mal etwas ganz anderes als Fotografie.
www.gpfotenhauer.com